In einem katholischen Familienzentrum in der Erzdiözese Köln soll Ende Januar eine Veranstaltung mit dem Titel „Kindliche Sexualität und Doktorspiele“ stattfinden. Das Erzbistum Köln verwies auf Anfrage von CNA Deutsch auf staatliche Vorschriften: „Zur Erlangung einer Betriebserlaubnis für Kindertageseinrichtungen in NRW ist u.a. ein inklusionspädagogisches Konzept Voraussetzung. Teil dieses Konzeptes ist u.a. die Auseinandersetzung bzw. die Verankerung sexualpädagogischer Bausteine im Rahmen sexueller Bildung als pädagogischer Auftrag einer Kindertagesstätte.“
Corrigenda berichtete, die Veranstaltung sei inzwischen abgesagt. Der Veranstaltungsflyer ist jedoch weiterhin online abrufbar und behauptet, „kindliche Sexualität“ zeige sich in „vielfältigen Ausdrucksformen“. Auf „spielerische Weise“ entdeckten Kinder „ihren Körper sowie die Unterschiede zwischen den Geschlechtern“.
„Sexuelle Neugier, gegenseitiges Anfassen und Anschauen, das Ausprobieren, wieder Körper funktioniert und unzählige Fragen über Liebe und Sexualität sind völlig normal. Bei Erwachsenen kann dies Verlegenheit auslösen“, so der Flyer. Ziel der Veranstaltung sei es, für „kindliche Sexualität zu sensibilisieren und Handlungssicherheit im Umgang mit Doktorspielen zu geben“.
Auf die Frage, wie vor dem Hintergrund des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche eine Veranstaltung, eine Veranstaltung zum Thema „Kindliche Sexualität“ sinnvoll sein könnte, betonte das Erzbistum Köln die staatlichen Vorgaben. Die „fachliche Prüfung“ der Konzeption obliege dem Landesjugendamt.
Am 21. September 2021 wurde auf Grundlage der Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) das sexualpädagogische Konzept für Kindertageseinrichtungen als verbindlicher Bestandteil des Gewaltschutzkonzeptes für alle Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe eingeführt.
Basierend auf diesen gesetzlichen Änderungen haben die Landesjugendämter die Anforderungen an Schutzkonzepte konkretisiert. Das Erzbistum beruft sich dabei auf eine Arbeitshilfe des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR): „Das Thema ‚Sexualpädagogik‘ ist ebenfalls als unverzichtbar zu sehen.“ Die genaue Ausgestaltung der sexualpädagogischen Konzepte liegt jedoch in der Verantwortung der einzelnen Träger.
„Im Sinne der Begleitung und Förderung einer den Kindern entsprechenden Entwicklung […], sind Körpererfahrungsprozesse ein wichtiger Teil kindlichen Aufwachsens. Kindliche Sexualität ist dabei nicht mit erwachsener Sexualität vergleichbar“, erklärte das Erzbistum. Der Auftrag des Erzbistums sei es, „Kinder zu schützen“, dafür leiste man „sehr wertvolle Arbeit“.
Die moderne Sichtweise auf kindliche Sexualität und Doktorspiele stammt aus der Entwicklungspsychologie und Sexualpädagogik. Sie basiert auf Sigmund Freuds Theorie der psychosexuellen Entwicklung und wird seit den 1970er Jahren erforscht.
Die katholische Lehre betont die Unschuld der Kinder, gerade in einem frühen Entwicklungsstadium. Konkret heißt es dazu in einer Orientierungshilfe vom Päpstlichen Rat für die Familie mit dem Titel „Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung“ aus dem Jahr 1995: „Vom Alter von etwa fünf Jahren bis zur Pubertät — deren Beginn für den Zeitpunkt anzusetzen ist, da die ersten Veränderungen am Körper des Jungen oder des Mädchens auftreten (sichtbares Ergebnis einer gesteigerten Produktion von Sexualhormonen) — sagt man, daß das Kind in einer Phase ist, die nach den Worten Johannes Paul II. als ‚die Jahre der Unschuld‘ bezeichnet wird. Diese Zeit der Ruhe und der Heiterkeit darf keinesfalls von einer unnötigen sexuellen Information getrübt werden.“