Die Prophezeiung hat sich erfüllt, der Messias ist da

Die Prophezeiung hat sich erfüllt, der Messias ist da

CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden dritten Sonntag im Jahreskreis.

Im Sonntagsevangelium (Lk 4,14–21) lesen wir, dass Jesus zu Beginn seines öffentlichen Lebens „in den Synagogen lehrte“, dass er also vollständig in den wöchentlichen Rhythmus des jüdischen Gottesdienstes eingefügt war. Uns wird auch gesagt, dass er „von allen gepriesen wurde“ – offensichtlich war seine Lehre schön und interessant. Es scheint ein friedlicher und letztendlich ganz normaler Zustand zu sein. Doch in der Synagoge von Nazareth geschieht etwas Unerwartetes.

Was erwarteten die Leute an diesem Sabbat? Dass er den Text von Jesaja erläutert und dabei sagt, was der Messias tun wird. Und dass er einlädt, auf sein Kommen zu hoffen und dafür zu beten, dass er bald kommen möge, sowie sich darauf vorzubereiten, ihn zu empfangen. Jesus hingegen verkündet: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“

Die Prophezeiung hat sich erfüllt, der Messias ist da, er steht vor ihnen. Seine Predigt ist frohe Botschaft für die Armen, das Gnadenjahr des Herrn hat begonnen.

Warum findet diese markante Offenbarung ausgerechnet in Nazareth statt? Warum nicht in Rom, der Hauptstadt des Reiches, oder in Alexandria in Ägypten, dem wichtigsten kulturellen Zentrum? Nazareth ist ein unbedeutendes Dorf in einer unbedeutenden Region in einem unbedeutenden Land. Aber es ist das Dorf, „wo er aufgewachsen war“, also der Ort des Gewöhnlichen, des Alltags.

Dort ist es, wo sich die Armen befinden – nicht in der Außergewöhnlichkeit, die für kurze Zeit Begeisterung weckt. Dort ist es, wo man im Gefängnis der Einsamkeit, der fehlenden Kommunikation, der Missgunst, der Feindseligkeit lebt. Es ist im schrecklich Alltäglichen, in dem man wie Blinde lebt, verschlossen in den eigenen Mustern, blockiert zwischen Erinnerungen aus der Vergangenheit und Ängsten vor der Zukunft – dort ist es, wo man Bedrückung durch Not, Krankheit, Alter, Tod erfährt. Wenn Jesus nicht kommt, um uns in unserem Nazareth zu retten, in der Alltäglichkeit unseres Lebens, mit all der Last seiner Nöte, welchen Sinn hätte die Erlösung?

Jedes Jahr ist von diesem Tag an ein Gnadenjahr: Anno Domini, Jahr des Herrn. Ab diesem Moment verkündet man jedes Mal, wenn die Prophezeiungen gelesen werden, dass sich „heute“ dieses Schriftwort erfüllt hat: heute, nicht vor 2000 Jahren.

Das ist möglich dank des Geheimnisses, das der heilige Paulus in der zweiten Lesung verkündet (1 Kor 12,12–30): „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.“

Die Taufe und die Gabe des Heiligen Geistes machen uns zum lebendigen Leib des Herrn, zu dem, was die Kirchenväter den Christus totus, den ganzen Christus, nannten: Jesus ist das Haupt, und wir sind die Glieder.

Also jedes Mal, wenn das Wort verkündet wird, dann ist es der ganze Christus – Er das Haupt und wir die Glieder –, der verkündet: „Der Geist des Herrn ruht auf mir.“ Es ist der ganze Christus – wir in Ihm –, der gesalbt ist. Es ist der ganze Christus – wir mit Ihm –, der gesandt ist, den Armen die frohe Botschaft zu bringen.

An diesem Punkt jedoch müssen wir uns fragen: Bringen wir diese frohe Botschaft? Vielleicht nicht immer. Vielleicht, weil wir zwei gegensätzliche Versuchungen bewältigen müssen. Auf der einen Seite gibt es den frömmelnden Moralismus, der die Verkündigung als eine Reihe von Vorschriften interpretiert über das, was man tun muss und über das, was man nicht tun darf – und der ist nicht froh. Auf der anderen Seite gibt es die oberflächliche Laxheit, die froh und attraktiv sein will und deshalb sagt: Tu, was du willst, und sei fröhlich – und das ist keine Verkündigung.

Geben wir Acht: Es geht hier sicherlich nicht darum, einen Kompromiss zwischen den beiden Versuchungen zu finden. Wir müssen vielmehr die Armut ernst nehmen, all ihre Not spüren und verkünden, dass gerade in diese Not hinein der Sohn Gottes Mensch geworden ist und hier bei uns bleibt, in unserem schrecklichen Alltag, um in uns und durch uns Gnade und Befreiung zu bringen.

Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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