Bischof Klaus Krämer von Rottenburg-Stuttgart hat in einer Predigt am Donnerstag gewarnt, „in unseren Tagen“ treibe „nicht wenige die Sorge um“, dass der „Ungeist“ des Nationalsozialismus „wieder lebendig werden könnte“. Anlass war ein Gedenkgottesdienst für den von den Nationalsozialisten ermordeten katholischen Politiker Eugen Bolz in Rottenburg.
Es gehe dabei nicht um „eine einfache Wiederholung des Geschehenen – nicht durch Wiederholung der Parolen von damals, nicht durch die alten Fahnen und Symbole“. Stattdessen sei es heute „viel subtiler, schleichend, indem zum Beispiel ein Menschenbild mehr und mehr hoffähig gemacht wird, das mit dem christlichen Menschenbild ganz und gar nicht vereinbar ist“.
„Deutsches Leben sei wertvoller als das der Geflüchteten, durch die sogenannte Remigration würde die Gesellschaft wieder sozialer und lebenswerter“, so Krämer, der dann betonte: „Menschen, die so reden, geben vor, sich für christliche Kernthemen stark zu machen und geben sich als deren Anwalt aus.“
„Christen können nicht schweigen, wenn Parolen skandiert werden, die scheinbar christlich klingende Werte dazu missbrauchen, um ein Menschenbild zu propagieren, das dem christlichen Menschenbild und den Werten, für die wir stehen, geradezu diametral entgegengesetzt ist“, betonte der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, der erst seit wenigen Monaten im Amt ist. „Wer die Predigt Jesu vom Reich Gottes ernst nimmt, der erkennt gerade in den Armen, den Schwachen, den Kranken und den Fremden das Bild Gottes.“
Die heutige „Ordnung“ gelte es „zu bewahren, zu erhalten und dort, wo es notwendig wird, auch entschlossen zu verteidigen“, forderte Krämer. „Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass gerade das von uns heute gefordert wird. Es gilt für die Werte und die Rechtsordnung einzutreten, die unser Gemeinwesen tragen.“
Außerdem müsse man „wachsam“ sein und „erkennen, wo die Rechte und die Freiheiten, die uns durch diese Ordnung garantiert werden, dazu missbraucht werden, diese Ordnung von innen heraus auszuhebeln und zu untergraben“.
Abschließend sagte der Bischof: „Danken wir Gott an diesem 23. Januar dafür, dass er uns Eugen Bolz geschenkt hat – als Vorbild, das uns mahnt und ermutigt. Und beten wir darum, dass auch in unserer Zeit Menschen wie Eugen Bolz aufstehen, ihrem Gewissen folgen und sich aus christlicher Verantwortung für das Gemeinwohl und die Rechte aller Menschen einsetzen. Wer auf Gott vertraut, der braucht die Anfeindungen der Menschen nicht zu scheuen.“
Eugen Bolz wurde vom nationalsozialistischen Regime am 23. Januar 1945 hingerichtet, nachdem er als möglicher Minister nach dem Sturz von Adolf Hitler vorgesehen war. Bolz wurde weniger als einen Monat nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet und wenig später zum Tode verurteilt.