Missbrauchs-Experte Pater Zollner: Studie der Diözese Bozen-Brixen ist „wichtige Entwicklung“

Missbrauchs-Experte Pater Zollner: Studie der Diözese Bozen-Brixen ist „wichtige Entwicklung“

Pater Hans Zollner SJ, der ausgewiesene Experte zur Missbrauchsthematik in der Kirche, hat mit Blick auf die am Montag veröffentlichte Studie der Diözese Bozen-Brixen erklärt, dies sei eine „wichtige Entwicklung“ für die Kirche in Italien. „Es ist eine große Signalwirkung zu erwarten“, so Zollner im Gespräch mit dem Kölner Domradio.

Die Missbrauchsstudie von Bozen-Brixen ist die erste in einer italienischen Diözese. Für den Zeitraum von 1964 bis 2023 ist von 67 Fällen von Missbrauch die Rede, bei denen es um 59 Betroffene geht. Beschuldigt wurden 41 Geistliche.

Allerdings hieß es in der Zusammenfassung der 635-seitigen Studie nur von 29 dieser 41 Beschuldigten, dass „die erhobenen Vorwürfe entweder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit oder nachweisbar zutreffen“. Bei den anderen zwölf Geistlichen „konnten die erhobenen Vorwürfe nicht mit der notwendigen Sicherheit beurteilt werden“.

„Das aus Sicht der Berichterstatter aufgrund ihrer bislang primär in Deutschland durchgeführten Untersuchungen überraschendste Ergebnis bestand darin, dass über 51 % der Betroffenen weiblich waren, während ‚nur‘ 18 % der Betroffenen eindeutig dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden konnten“, so die Studie. „Dies ist sowohl aus deutscher Sicht, wo die Zahl der männlichen Betroffenen bei weitem überwog, als auch insbesondere auch aus Südtiroler und, wie zu vermuten ist, auch italienischer Sicht von besonderem Interesse.“

Auch Zollner zeigte sich am Donnerstag überrascht: „Das ist tatsächlich gegenläufig zu praktisch allen Daten, die wir aus Gutachten aus aller Welt haben, wo die Mehrheit der Betroffenen sexueller Gewalt, die von Klerikern ausgeübt wurde, männlich waren. Das ist relativ einmalig. Insofern ist es natürlich für den wissenschaftlichen Betrieb eine sehr lohnende Frage, wie das zustande kam.“

„Da kann man auch daran denken, dass es unter Umständen für männliche Opfer in Südtirol Gründe gegeben haben kann, das nicht anzuzeigen, sich nicht als Betroffene zu erkennen zu geben“, spekulierte Zollner. „Das wäre eine mögliche Erklärung. Welche anderen kulturellen Faktoren da eine Rolle spielen, das ist genauer zu untersuchen.“

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