Kardinal Müller: „Lagerdenken“ kann man bei Papstwahl „einfach nicht außen vor lassen“

Kardinal Müller: „Lagerdenken“ kann man bei Papstwahl „einfach nicht außen vor lassen“

Kardinal Gerhard Müller hat eingeräumt, bei einer Papstwahl könne man ein „Lagerdenken“ letztlich „einfach nicht außen vor lassen“. Die Bischöfe seien „natürlich auch Kinder ihrer Zeit“, sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation im Gespräch mit Rudolf Gehrig, dem Romkorrespondenten von CNA Deutsch und EWTN.

Man müsse, so Müller, „etwas tiefer nachdenken im Glauben, sich an der Wahrheit orientieren, um dieses falsche Denken“, das sowohl für die Gesellschaft und den Staat als auch für jede Gemeinschaft, auch die Familie, „schädlich“ sei, zu überwinden.

„Und erst recht ist es schädlich für die Kirche, die ja von ihrer Natur das Zeichen, das Werkzeug der Einheit mit Gott und für die Einheit der Menschen untereinander sein soll“, sagte der Kardinal. „Und deshalb müssen wir sozusagen etwas gegenläufig sein zu dem Trend, alles zu spalten“, wozu auch das moderne „Freund-Feind-Denken“ gehöre: „ Der ist für mich, der ist gegen mich.“

Gegenüber Romkorrespondent Rudolf Gehrig ordnete Müller den von Papst Franziskus benutzten Begriff der Peripherie ein. Der Gegensatz von „Zentrum“ und „Peripherie“ sei „auch eine Form von Ideologie“, so der Kardinal, denn „die Welt ist eine Kugel, und deshalb ist jeder Mensch dort, wo er ist, immer im Verhältnis zum Erdmittelpunkt gleichgeordnet“.

„Aber im übertragenen Sinn ist natürlich dort, wo Christus ist, wo die Eucharistie gefeiert wird, die Sakramente gespendet werden“ – ob im Amazonas oder im Petersdom – „immer die gleiche Eucharistie, und wir haben immer dieses unmittelbare Verhältnis zu Gott“.

Mit Blick auf die Kirche in Deutschland sagte Müller, der selbst von rund ein Jahrzehnt Bischof von Regensburg war, man könne „einen offensichtlichen Niedergang“ sehen. Die Kirchenaustritte gingen auf jene zurück, die „nicht mehr wissen, was eigentlich Kirche ist“, sondern sie mehr wie einen Verein betrachten und austreten, weil „die Führung nicht passt“. Er fügte hinzu: „Viele verstehen das gar nicht, dass die Kirche der Leib Christi ist, der Tempel des Heiligen Geistes.“

Müller ging auch auf das Thema der überlieferten Liturgie ein, wie sie bis zur Zeit kurz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gefeiert wurde. „Sofern dann eben nicht irgendwie behauptet wird, dass die ältere Form sozusagen das Kriterium der Rechtgläubigkeit ist, muss man da, glaube ich, auch von der höchsten kirchlichen Autorität her eine gewisse Variabilität ermöglichen und darf sozusagen nicht pastoral mit der wie die Axt im Walde vorgehen oder autoritär vorgehen“.

Stattdessen brauche es Erklärungen, Verdeutlichungen und Klarstellungen, „schon etwas väterlich erzieherisch, auch manchmal etwas belehrend, wenn manche das überziehen“.

Die neue Liturgie, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von Papst Paul VI. eingeführt wurde, sei „so gestaltet worden“, „dass die Gläubigen aktiv daran teilnehmen können, vor allen Dingen auch durch die Ermöglichung der Muttersprache“. Manche Riten seien „auch etwas vereinfacht worden“, sodass etwa das Gloria oder das Credo nicht leise vom Priester gebetet werden, während das Volk singt.

„Aber es gibt trotzdem auch viele Menschen, auch junge Menschen, die sozusagen spirituell mit der bisherigen bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil und danach gültigen äußeren Form, dem Ordo Missae, vertraut sind und sich sozusagen spirituell orientieren, was ja nicht falsch ist“, sagte Müller, der selbst auch gelegentlich die überlieferte Liturgie feiert.

Letztlich solle die „Abfolge der Riten“ zum „inneren Gehalt“ der Messe hinführen: „Es ist ja nicht nur eine ästhetische Veranstaltung, eine Theaterveranstaltung, die nur auf die Imagination der Menschen ausgeht, die Vorstellungskraft, die Fantasie anregt, von den Leuten als schön und angenehm empfunden wird, sondern die uns wirklich zu Christus hinführen sollen, zu den großen Mysterien des Heils.“

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