Neun Frauen haben sich demonstrativ beim Priesterseminar Freiburg um Aufnahme beworben – als öffentlicher Protest gegen die überlieferte und verbindliche kirchliche Lehre, wonach das Weihesakrament ausschließlich Männern vorbehalten ist. CNA Deutsch sprach mit Weihbischof Christian Würtz, dem Leiter des Freiburger Priesterseminars.
Wie bewerten Sie es, wenn Theologieprofessoren einer katholischen Fakultät öffentlich eine Aktion unterstützen, die sich gegen eine definitive Lehre der Kirche stellt – nämlich, dass nur getaufte Männer gültig zu Priestern geweiht werden können, wie es in Ordinatio sacerdotalis von Papst Johannes Paul II. dargelegt ist?
Dass Theologinnen und Theologen öffentlich ihre Stimme erheben und sich in kirchliche Fragen einbringen, gehört zum lebendigen Diskurs in einer Kirche, die auf dem Weg ist. Zugleich ist es Aufgabe kirchlicher Lehreinrichtungen, die Lehre der Kirche nicht nur zu vermitteln, sondern sich auch mit ihr theologisch-wissenschaftlich auseinanderzusetzen.
Wenn Lehrende dabei Positionen vertreten, die nicht mit der verbindlichen Lehre der Kirche übereinstimmen – etwa mit der in Ordinatio sacerdotalis dargelegten Lehre über das Priestertum –, ist das eine Herausforderung. Aber es ist auch eine Gelegenheit, die theologische Tiefe dieser Lehre neu zu erschließen. In einer Universität darf – ja soll – kontrovers diskutiert werden. Dieses Ringen muss dabei in loyaler Verbundenheit mit der Kirche geschehen, weswegen ich erwarte, dass auch die Lehre der Kirche in den Lehrveranstaltungen dargestellt und vermittelt wird.
Ist eine solche Haltung vereinbar mit der Sendung einer katholischen Lehreinrichtung?
Katholische Fakultäten sind eingebunden in das weltweite Netzwerk kirchlicher Lehre. Ihr Auftrag ist es, den Glauben kritisch, wissenschaftlich und zugleich kirchlich zu reflektieren. Kritik an kirchlichen Entwicklungen, ja auch an bestimmten Lehräußerungen, ist möglich – sie braucht aber methodische Redlichkeit und das klare Bewusstsein, dass endgültige Lehraussagen nicht einfach per Mehrheitsbeschluss revidiert werden können.
Die kirchliche Sendung katholischer Fakultäten besteht darin, den Glauben der Kirche wissenschaftlich zu reflektieren, kritisch zu durchdringen und in den Dialog mit der Zeit zu bringen. In dieser Spannung zwischen Treue und Freiheit, zwischen Lehre und Forschung braucht es geistliche Unterscheidung, Demut – und manchmal auch Geduld im Miteinander.
Wie reagieren Sie auf die Behauptung, dass die kirchlichen Gründe gegen die Frauenordination aus wissenschaftlicher Sicht nicht überzeugend seien – und damit implizit als irrational oder überholt dargestellt werden?
Die kirchliche Lehre zur Frage der Priesterweihe von Frauen wird oft als schwer vermittelbar empfunden. Die Gründe, warum die Kirche nicht die Vollmacht hat, Frauen zu Priestern zu weihen, erschließen sich nicht primär aus soziologischen oder kulturgeschichtlichen Erwägungen, sondern aus einer sakramententheologischen Sichtweise.
Es ist aber genau deshalb legitim – ja notwendig –, sich mit der Gewichtung der Argumente auseinanderzusetzen. Gleichzeitig ist es ein Missverständnis, wenn die Lehre der Kirche vorschnell als irrational oder bloß historisch überholt abgetan wird, ohne dies zu begründen. Sie wurzelt in der Bibel und beruht auf einem tiefen theologischen Verständnis des Priestertums, der Sakramentalität und der Christusrepräsentation. Diese Einsichten erschließen sich nicht immer leicht und nicht unbedingt in den Begriffen unserer Zeit. Deshalb braucht es theologische Geduld, wissenschaftliche Redlichkeit und den gegenseitigen Austausch, den ich immer wieder mit der Fakultät pflege.
Was kann heute getan werden, um gerade jungen Theologiestudenten neu bewusst zu machen, dass es sich bei der Lehre von Ordinatio sacerdotalis nicht bloß um eine disziplinäre Entscheidung handelt, sondern um eine Frage der göttlichen Vollmacht und der sakramentalen Verfassung der Kirche?
Gerade junge Menschen wollen nicht nur hören, dass etwas so ist, sondern sie wollen auch verstehen, warum etwas so ist, wie es ist. Es liegt an uns als Kirche, diesen Dialog nicht abzubrechen. Die Lehre, wie sie in Ordinatio sacerdotalis ausgesprochen ist, ist keine bloße disziplinäre Regelung, sondern Ausdruck eines Verständnisses von kirchlicher Vollmacht, das zutiefst mit der sakramentalen Struktur der Kirche verwoben ist. Dies auf eine Weise zu vermitteln, die intellektuell redlich, geistlich berührend und pastoral glaubwürdig ist – das bleibt unsere gemeinsame Aufgabe.
Als Weihbischof und Leiter der Priesterausbildung bin ich dankbar für jedes ernst gemeinte Ringen um die Zukunft unserer Kirche, nicht zuletzt bei der Frage der Rolle der Frau in der Kirche, die nicht allein auf die Frage der Priesterinnenweihe zugespitzt werden wollte. Ich lade alle Beteiligten ein, die Spannung zwischen Treue zur Tradition der Kirche und der Sehnsucht nach Veränderungen gemeinsam auszuhalten. Nur so bleiben wir – gerade zu diesen Zeiten rund um Pfingsten – hörfähig für das, was der Geist Gottes heute von uns will.
Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.