Warum das Konzil von Nizäa vor 1700 Jahren auch ohne Papst ein Erfolg war

Warum das Konzil von Nizäa vor 1700 Jahren auch ohne Papst ein Erfolg war

Der römische Kaiser lud zum ersten ökumenischen Konzil und damit zur ersten großen Kirchenversammlung der Christenheit ein – und der Papst war nicht einmal anwesend. Warum wurde das Konzil von Nizäa im Jahr 325 dennoch ein Erfolg? Darüber berichtete Pater Martin Mayerhofer FSO, der an der Theologischen Hochschule in Heiligenkreuz das Fach Kirchengeschichte lehrt, bei der Internationalen Theologischen Sommerakademie im österreichischen Aigen.

Die diesjährige Veranstaltung in Aigen stellt drei wichtige Jubiläen in den Mittelpunkt. Das Thema lautet „Christus ist Sieger. Nizäa 325 – Christkönig 1925 – Heiliges Jahr 2025“. Die inzwischen 35. Sommerakademie wird gemeinsam veranstaltet vom Linzer Priesterkreises mit der Kardinal-Scheffczyk-Gesellschaft und dauert bis zum Mittwoch. Das große Glaubensbekenntnis, das die Kirche an Sonn- und Feiertagen in der Messe betet, geht in seinem Ursprung auf das Konzil von Nizäa zurück.

Mayerhofer berichtete den Teilnehmern anschaulich und kenntnisreich über das historische Ereignis. Am Konzil nahmen 200 bis 250 Bischöfe teil, die mit wenigen Ausnahmen aus dem Osten des Reiches stammten. Den Vorsitz allerdings hatte Ossius von Cordoba aus Spanien inne, der theologische Berater des Kaisers. Als Vertreter des Papstes nahmen zwei Priester mit Namen Vitus und Vincentius teil.

Der Kirchenhistoriker stellte nüchtern fest: „Der römische Bischof nahm im ersten Jahrtausend an keinem Konzil persönlich teil. Er wurde durch Legaten vertreten. Gültigkeit erlangten die Entscheidungen erst durch anschließende Bestätigung des römischen Bischofs.“ Das Konzil dauerte vom 20. Mai bis zum 25. Juli des Jahres 325.

„Welch ein radikaler Wandel hatte sich vollzogen!“ stellte der Kirchengeschichtler fest. Noch wenige Jahre zuvor seien die Christen von der römischen Staatsmacht, an deren Spitze der Kaiser stand, verfolgt worden – jetzt lud ein christlicher Kaiser sie ein, sich zu versammeln: „Aus heutiger Perspektive erscheint uns dies als skandalöse Einmischung eines weltlichen Herrschers in die Belange der Kirche. Im Verständnis Konstantins und der Spätantike dagegen war dies ein verständliches Handeln.“

Der Referent erklärte, warum dies damals anders gesehen wurde als heute: „Die römischen Kaiser seit Augustus trugen den Titel Pontifex Maximus und hatten damit Recht und Pflicht, für die römische Religion – der Religion des Reiches – zu sorgen.“

Konstantin hatte nach der Schlacht an der Milvischen Brücke 312 das Christentum als „religio licita“ anerkannt. Nicht nur das Konzil von Nizäa berief er ein; er erbaute auch Kirchen, darunter die Basilika über dem Grab des heiligen Petrus in Rom und die Grabeskirche in Jerusalem. Er erklärte den Sonntag als Herrentag zum Feiertag. Im Übrigen seien alle ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends von Kaisern einberufen worden, so Mayerhofer.

Mit „Entschiedenheit und Kompromissbereitschaft“, fuhr der Referent fort, sehnte Kaiser Konstantin einen christlichen Glauben in einer geeinten Kirche für sein Reich herbei. Nach einem Bericht des Eusebius von Cäsarea sagte Kaiser Konstantin auf dem Konzil, der innere Zwist der Kirche Gottes scheine ihm schmerzlicher als Kämpfe nach außen. Demnach forderte Konstantin die Teilnehmer dazu auf, „den Streit sogleich vorzubringen und die ganze Kette von Streitigkeiten durch Gesetze des Friedens zu lösen“.

Anlass war eine Auseinandersetzung zwischen dem alexandrinischen Priester Arius und dem Bischof von Alexandrien. Beide Seiten fanden Anhänger auch unter den Bischöfen. Konfliktpunkt war das Verhältnis von Jesus Christus zum Vater, gerade die Frage nach seiner göttlichen Natur. Wie Athanasius von Alexandrien später berichte, seien die rechtgläubigen Bischöfe gezwungen gewesen, den Glauben mit einem zwar bibelfremden, aber eindeutigen Begriff zu sichern, erläuterte Mayerhofer.

Darum habe die Synode, so Athanasius „mit Recht geschrieben, dass er (Jesus Christus) gleichen Wesens (homoousios) sei, um sowohl die verkehrte Ansicht der Irrlehrer umzustoßen als auch zu zeigen, dass das Wort von den geschaffenen Dingen verschieden sei“.

Arius hatte über Christus behauptet: „Bevor er geboren wurde, war er nicht.“ So nannte er ihn ein „Geschöpf“. Über das Konzil von Nizäa wird laut Mayerhofer berichtet: „Einstimmig wurde beschlossen, seine glaubensfeindliche Lehrmeinung sowie seine blasphemischen Aussagen und Bezeichnungen, mit deren Hilfe er den Sohn Gottes schmähte, mit dem Anathem zu belegen. Arius wurde exkommuniziert.“

Letztlich sei die Kirche in den ersten Jahrhunderten „eine stark synodal organisierte Kirche“, betonte der Kirchenhistoriker. Das Konzil von Nizäa habe beschlossen, dass in jeder Metropolie jährlich zwei Synoden stattfinden müssen. Dadurch sollten die Einheit untereinander gestärkt, aktuelle Probleme besprochen und eine gemeinsame Vorgehensweise gefunden werden.

„Das Konzil von Nizäa klärte eine Streitfrage im Glauben“, schloss Mayerhofer. „Das Glaubensverständnis kann nicht willkürlicher Auslegung einzelner unterworfen sein, in diesem Falle dem alexandrinischen Priester Arius, sondern entwickelt sich im Gesamten der Kirche organisch weiter. Ökumenische Konzilien, von ihnen war das Nizänum das erste, sind dafür ein privilegierter Ort.“

 

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