Irische Missionarin und sieben weitere Geiseln in Haiti freigelassen

Irische Missionarin und sieben weitere Geiseln in Haiti freigelassen

Nach fast einem Monat in Geiselhaft sind acht Personen in Haiti freigelassen worden, darunter eine irische Missionarin und ein dreijähriger Junge. Die Entführung hatte am 3. August internationale Aufmerksamkeit erregt und Besorgnis in der weltweiten katholischen Gemeinschaft ausgelöst.

Jahrzehntelange Hingabe für benachteiligte Kinder

Unter den Befreiten befand sich die 58-jährige irische Laienmissionarin Gena Heraty, die seit über 30 Jahren ihr Leben Kindern mit Behinderungen in Haiti widmet. Heraty ist Direktorin der Programme für Kinder mit besonderen Bedürfnissen bei NPH (Nuestros Pequeños Hermanos) und arbeitet seit 1993 als prägende Kraft mit Kindern in dem chronisch von Krisen gebeutelten Karibikstaat.

Die langjährige Missionarin trägt auch die Verantwortung für das von NPH geführte Waisenhaus St. Hélène in Kenscoff, einer Gemeinde etwa zehn Kilometer südöstlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Die Einrichtung kümmert sich um Waisen und besonders schutzbedürftige Kinder in einer der ärmsten Regionen der westlichen Hemisphäre.

Dramatische Entführung aus Waisenhaus

Die Entführung ereignete sich am 3. August, als eine bewaffnete Gruppe gewaltsam in die Einrichtung eindrang und mehrere Mitarbeiter sowie das dreijährige Kind verschleppte. Der Vorfall geschah am helllichten Tag und schockierte sowohl die örtliche Gemeinde als auch die internationale Hilfsorganisation NPH.

Alle Entführten wurden nach wochenlanger Anspannung und Ungewissheit wieder freigelassen. Die Umstände der Befreiung wurden von den Behörden zunächst nicht im Detail preisgegeben. NPH bestätigte jedoch, dass kein Lösegeld gezahlt worden sei.

Familie und Organisation zeigen Erleichterung

In einer über NPH veröffentlichten Erklärung bestätigte Heratys Familie die lang ersehnte Befreiung: „Wir sind unendlich erleichtert. Wir sind allen zutiefst dankbar – in Haiti und international –, die während dieser schrecklichen Wochen unermüdlich daran gearbeitet haben, ihre sichere Rückkehr zu gewährleisten.“

NPH erklärte in einer offiziellen Mitteilung, dass die befreiten Geiseln „in Sicherheit sind, medizinische und psychologische Betreuung erhalten und bei ihren Angehörigen sind“. Ein Mitarbeiter der Organisation schilderte die emotionalen Momente der Rückkehr: „Trotz allem, was passiert ist, ist Gena immer stark geblieben. Sobald sie zurückkehrte, ging sie direkt zu den Kindern, um sie zu begrüßen. Alle weinten; die Kinder und das Personal warteten mit offenen Armen auf sie.“

Die Organisation würdigte auch die internationale Unterstützung während der schweren Wochen: „Die weltweite Anteilnahme, Liebe, Gebete und Solidarität von Freunden, Nachbarn, Gemeinden, Kollegen und sogar Menschen, die keine Verbindung zu uns haben, waren eine immense Quelle des Trostes und der Unterstützung.“ Gleichzeitig mahnte NPH jedoch zur Vorsicht: „Obwohl wir für ihre Rückkehr heute dankbar sind, wissen wir, dass der Genesungsprozess lang sein wird.“

Päpstlicher Aufruf zur Befreiung

Die Freilassung erfolgte nach einem eindringlichen Appell von Papst Leo XIV. zur sofortigen Befreiung der Geiseln. Der Pontifex hatte am 10. August während des Angelus-Gebets auf dem Petersplatz die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung der Bemühungen um die Freilassung der Entführten aufgerufen.

Der päpstliche Appell unterstrich die besondere Aufmerksamkeit, die der Vatikan der prekären Sicherheitslage in Haiti widmet, wo katholische Missionare und Ordensleute regelmäßig Ziel von Gewalt werden.

Eskalation der Gewalt in Haiti

Bandengewalt und Entführungen sind Alltag in weiten Teilen Haitis, insbesondere in und um Port-au-Prince, wo laut Vereinten Nationen bewaffnete Gruppen mittlerweile etwa 85 Prozent der Stadt kontrollieren. Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert.

Die UN-Statistiken zeichnen ein erschreckendes Bild der Gewalt: In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 wurden nach Angaben der Vereinten Nationen fast 350 Menschen in Haiti entführt. Diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der humanitären Krise in dem Karibikstaat.

Die katholische Kirche ist besonders von der Gewalt betroffen. Im April dieses Jahres wurden zwei Ordensschwestern der Kongregation der Kleinen Schwestern der heiligen Theresia vom Kinde Jesus von bewaffneten Banden ermordet. Bereits im November 2024 war ein von Mutter Teresa gegründetes Kloster bei einem Angriff niedergebrannt worden, der von einem der berüchtigtsten Bandenführer Haitis angeführt wurde.

Internationale Hilfsorganisationen unter Druck

Die Entführung von Gena Heraty und den anderen Mitarbeitern unterstreicht die gefährliche Lage, in der sich internationale Hilfsorganisationen in Haiti befinden. NPH und andere Organisationen stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre lebenswichtige Arbeit fortzusetzen und zugleich die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten.

Die Freilassung der Geiseln ist ein seltener Lichtblick in der düsteren Sicherheitslage Haitis, doch sie kann nicht über die systematischen Probleme hinwegtäuschen, die das Land seit Jahren plagen. Für Missionare wie Gena Heraty, die ihr Leben dem Dienst an den Schwächsten gewidmet haben, bleibt die Arbeit in Haiti ein gefährliches Unterfangen.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency (CNA), der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.

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