Über 1,1 Milliarden Euro: Erzbischof Heße würdigt kirchliche Flüchtlingsarbeit seit 2015

Über 1,1 Milliarden Euro: Erzbischof Heße würdigt kirchliche Flüchtlingsarbeit seit 2015

Erzbischof Stefan Heße hat am Mittwochnachmittag die kirchliche Flüchtlingsarbeit seit 2015 gewürdigt, als erstmals mehr als zwei Millionen Menschen aus überwiegend islamischen Regionen wie Syrien nach Deutschland kamen. Die Kirche in Deutschland habe seither „mindestens 1,1 Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe aufgewendet“, so der Hamburger Erzbischof.

Heße ist innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Flüchtlingsfragen zuständig. Die Mitglieder der DBK treffen sich derzeit in Fulda zu ihrer Herbst-Vollversammlung. Aus diesem Anlass ging es auch um das Thema Migration.

Etwa 60 Prozent des Geldes für die Flüchtlingsarbeit, das aus der Kirche in Deutschland stammt, ist im Ausland ausgegeben worden. Für Heße ist das bedeutsam, denn: „Unsere Solidarität endet nicht an Staatsgrenzen. Vielmehr treten wir stets auch in globaler Perspektive dafür ein, dass Geflüchtete in Sicherheit und Würde leben können. Nicht die Verhinderung von Migration, sondern die Bewältigung der Ursachen erzwungener Migration sollte dabei im Mittelpunkt stehen.“

Aber auch in Deutschland umfasse die kirchliche Flüchtlingsarbeit „ein weites Spektrum. Neben materiellen Hilfen sind auch verschiedene Formen des psychosozialen und pastoralen Beistands zu nennen: Ich denke hier beispielsweise an Angebote der Sprach- und Integrationsförderung, Initiativen zur Unterstützung besonders vulnerabler Gruppen, das Eintreten für sichere Zugangswege, wozu auch die Ermöglichung von Familienzusammenführungen gehört; darüber hinaus auch Aktivitäten im Bereich der Rechts- und Verfahrensberatung, die Begleitung von neu angekommenen Menschen auf ihrem Weg zu echter gesellschaftlicher Teilhabe, ein breites Engagement gegen Rassismus und für ein respektvolles Miteinander in unserem Land, nicht zuletzt auch die Seelsorge für Geflüchtete in ihren jeweiligen Muttersprachen.“

„Die professionellen Dienste der Diözesen und der kirchlichen Wohlfahrtsverbände erfahren eine wichtige Ergänzung durch die Arbeit der Ehrenamtlichen“, fuhr Heße fort. „So haben sich 2015 und 2016 in der katholischen Flüchtlingshilfe mindestens 100.000 Personen ehrenamtlich für Geflüchtete engagiert. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl bei etwa 35.000 Ehrenamtlichen eingependelt.

Um das Ausmaß der Flüchtlingsarbeit zu illustrieren, sagte der Erzbischof: „Allein in Deutschland konnten 2024 rund 500.000 Flüchtlinge durch die Dienste der katholischen Kirche erreicht werden.“

Mit Blick auf die aktuelle Lage in Deutschland räumte Heße ein, das „gesellschaftliche Klima“ sei „in letzter Zeit wieder rauer geworden. Zweifelsohne gehen Fluchtbewegungen stets mit Herausforderungen einher – in erster Linie für die Geflüchteten selbst, sodann aber auch für die Aufnahmegesellschaft.“

Problemanzeigen seien vor diesem Hintergrund ernst zu nehmen, sagte Heße. „Wenn beispielsweise Kommunen in Deutschland darüber klagen, dass sie bei der Unterbringung von Asylsuchenden oder bei der Beschulung geflüchteter Kinder an Kapazitätsgrenzen gelangen, sind konkrete Lösungen gefragt. Was wir jedoch nicht brauchen, sind polemische Debatten und flüchtlingspolitische Unterbietungswettbewerbe. Die Praktiker der Flüchtlingshilfe berichten immer wieder sehr anschaulich davon, wie ihre Arbeit vor Ort durch restriktive Maßnahmen und wachsende Ressentiments zusätzlich erschwert wird.“

Pessimistischer klang die Stellungnahme von Andreas Frick, dem Hauptgeschäftsführer des kirchlichen Hilfswerks Misereor. Seit 2015 hätten sich „die Gesellschaft und die Politik gewandelt und dabei Grundsätze über Bord geworfen, die für uns alle ein Fundament des Zusammenlebens und der Menschenrechte sind“. Der Wind habe sich „spürbar und massiv gedreht“.

„Die europäischen Grenzen sind bis heute mit die tödlichsten weltweit“, so Frick, der dann urteilte: „Stattdessen nimmt man es in Kauf, dass Menschen jenseits der eigenen Grenzen und jenseits der medialen Aufmerksamkeit abgefangen und zurück gezwungen werden. Stattdessen zahlt die EU-Gelder in Millionenhöhe an Autokraten, die als Türsteher Europas fungieren und Menschen von den europäischen Grenzen fernhalten sollen. Dabei werden mit europäischen Geldern Polizeiapparate ausgestattet, mit denen Menschenrechtsverletzungen begangen und demokratische Strukturen bekämpft werden wie z. B. in Tunesien und Ägypten: Schutzsuchende werden hilflos in der Wüste ausgesetzt, Ausländer ohne Papiere in Haft genommen, man zerstört lokale Wirtschaftswege, militarisiert Grenzen, schafft Visa-Hürden.“

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