Der Berliner Erzbischof Koch hat am Tag der Deutschen Einheit bedauert, „wie wenig dieser Tag von vielen gefeiert wird“. Es tue „uns allen nicht gut, dass wir das Gedenken an das an diesem Tag Geschehene in uns nicht lebendig halten“.
Der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober erinnert nicht an das emotionale Ereignis des Mauerfalls in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989, der faktisch das Ende der deutschen Spaltung ist Ost und West bedeutete, sondern an den juristischen Beitritt der sogenannten neuen Länder auf dem Gebiet der bisherigen DDR zur Bundesrepublik Deutschland.
Koch sagte gegenüber katholisch.de und der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), es sei „wichtig, die Erinnerung an die damaligen Ereignisse und ihre Bedeutung an die jungen Menschen weiterzugeben. Das ist eine große Herausforderung.“ Ein mangelndes Geschichtsbewusstsein „ist eine große Gefahr für den weiteren Weg auch unserer Gesellschaft“.
Rückblickend auf die erste Zeit nach der deutschen Einheit sagte der Berliner Erzbischof, der selbst aus dem Erzbistum Köln stammt und erst 2013 in den Osten ging: „Es war den meisten damals vermutlich nicht klar, was der Abriss der Mauer an Problemen mit sich bringen würde, etwa in der wirtschaftlichen Entwicklung, in rechtlichen Fragen und in weltanschaulichen Fragen.“
„Viele der früheren Immobilieneigentümer kehrten damals zurück in die DDR, hatten Anspruch auf ihre Häuser und verunsicherten die, die da mittlerweile wohnten“, führte er aus. „Viele Firmen wurden abgewickelt, dadurch wurden ganze Arbeitsbiografien abgebrochen. Ich verstehe, wenn politisch Verantwortliche damals sagten, man könne nicht warten, bis alles ins Letzte durchdacht und durchplant sei. Aber viele Entwicklungen verliefen nicht gut. Viele Menschen verließen zudem nach der Wende den Osten und kehrten nicht mehr zurück.“
Ausführlich ging Koch auf die AfD ein, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR besonders stark ist – und in Umfragen noch weiter zulegt. In Sachsen-Anhalt etwa sah die jüngste Umfrage die AfD bei 39 Prozent als eindeutig stärkste Kraft, während der langjährige Spitzenreiter, die CDU, nur noch auf 27 Prozent käme. Die Landtagswahlen dort finden im Jahr 2026 statt. Er glaube „nach wie vor nicht, dass der Großteil der Menschen, der AfD wählt, die Partei auch in der Regierung sehen will“, sagte Koch.
Mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen habe er „große Sorgen“, räumte der Berliner Erzbischof ein. „Wir als Kirche haben uns eindeutig positioniert. Das trifft aber viele AfD-Wähler nicht, weil die Kirche in ihren Augen zum ‚Establishment‘ gehört. Das schmerzt schon. Das ist natürlich auch eine Frage an die Stellung der Kirche im Osten. Trotzdem bleibt es wichtig für uns, zu bekennen, wovon wir überzeugt sind.“