Am vergangenen Mittwoch wurde in der Evangelischen Akademie Berlin die Schweizer Friedensinitiative für Bergkarabach vorgestellt. Getragen wird sie von Christian Solidarity International (CSI) und dem Zentralrat der Armenier in Deutschland.
Ziel der Initiative ist es, einen geschützten Dialog zwischen Aserbaidschan und Vertretern der vertriebenen armenischen Bevölkerung Bergkarabachs, in der das Christentum eine wichtige Rolle spielte, aufzubauen und über die sichere, kollektive Rückkehr der im September 2023 vertriebenen rund 120.000 Karabach-Armenier zu verhandeln.
Grundlage bildet die vom Schweizer Parlament verabschiedete Motion 24.4259, die den Bundesrat im März 2025 beauftragte, ein internationales Friedensforum zu organisieren.
Peter Fuchs, Geschäftsführer von CSI Deutschland, definierte Frieden als „Ruhe in Ordnung“, in der Gerechtigkeit herrscht. „Frieden ist nicht die abstrakte Abwesenheit von Konflikten, sondern muss aktive Gerechtigkeit in Aktion sein“, erklärte er.
Jonathan Spangenberg, Vorsitzender des Zentralrats der Armenier in Deutschland, erinnerte an die Rede der damaligen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor dem UN-Sicherheitsrat am 23. September 2023. Darin hatte Baerbock Aserbaidschans militärische Vorgehensweise kritisiert und die Vertreibung der ethnischen Armenier als „inakzeptabel“ bezeichnet.
In einer Videobotschaft berichtete Artak Beglaryan, ehemaliger Menschenrechtsbeauftragter der Republik Bergkarabach, von seinem persönlichen Schicksal: Er habe im Krieg der 1990er Jahre seinen Vater und sein Augenlicht verloren und sei 2023 mit seiner Familie gewaltsam vertrieben worden.
Heute lebten über 80 Prozent der Geflüchteten in Armenien in Armut – mehr als dreimal so viele wie im Landesdurchschnitt. Laut Beglaryan fragen ihn Vertriebene bei Begegnungen stets zuerst nach Neuigkeiten über eine mögliche Rückkehr.
Einer aktuellen Umfrage zufolge wünschen sich 87 Prozent von ihnen, nach Bergkarabach zurückzukehren. Aserbaidschan lehne jedoch weiterhin alle Zugangsgesuche ab und zerstöre systematisch armenisches Kulturerbe.
Luis Moreno Ocampo, ehemaliger Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, bezeichnete das Kernproblem darin, dass „niemand“ die „Menschen aus Bergkarabach“ vertrete. „Armenien kann eindeutig nicht über Bergkarabach verhandeln, und deshalb braucht das Volk von Bergkarabach eine Vertretung.“
Zum Abschluss warnte John Eibner, Präsident von CSI International, dass ein Friedensprozess, der die Ungerechtigkeit der Vertreibung nicht behebe, unvollständig bleibe und „wenig Gerechtigkeit“ enthalte. Solange dieses Element fehle, „wird es Armenien und die Großmächte verfolgen“. Eibner verwies zudem auf die großflächige Vertreibung christlicher Gemeinschaften aus dem Nahen Osten, insbesondere aus Syrien und dem Irak.
Gemäß der Motion 24.4259 soll der Bundesrat ein internationales Friedensforum schaffen, „um einen offenen Dialog zwischen Aserbaidschan und den Vertretern der Karabach-Armenier von Arzach zu ermöglichen. Ferner soll über die sichere Rückkehr der historisch armenischen Bevölkerung verhandelt werden.“
Vertreibung der Armenier aus Bergkarabach
Die Vertreibung der Armenier aus Bergkarabach fand im September 2023 statt, nachdem Aserbaidschan eine Militäroffensive gegen die Region gestartet hatte.
Innerhalb weniger Tage flohen nahezu alle der rund 120.000 armenischen Bewohner nach Armenien, Georgien oder Russland. Der Hintergrund dieser dramatischen Flucht liegt in einem jahrzehntelangen Territorialkonflikt und den Entwicklungen der Monate zuvor.
Seit Dezember 2022 hatte Aserbaidschan die Region durch eine Blockade des Latschin-Korridors – der einzigen Versorgungsroute zwischen Bergkarabach und Armenien – faktisch von der Außenwelt abgeschnitten.
Die Blockade führte zu einer immer prekäreren humanitären Lage: Lebensmittel, Medikamente und Energie wurden knapp, viele Menschen litten unter Hunger und Mangelversorgung.
Beobachter sprachen von einer gezielten Aushungerung der Bevölkerung. Zudem sollen Gas-, Strom- und Internetverbindungen zeitweise sabotiert worden sein.
Am 19. September 2023 begann schließlich die aserbaidschanische Militäroffensive. Nach kurzen, aber heftigen Kämpfen kapitulierten die armenischen Streitkräfte.
Präsident Ilham Alijew erklärte, man habe mit der Militäroperation die Herrschaft über das Gebiet im Südkaukasus wiederhergestellt und den Konflikt beendet. Die Führung der international nicht anerkannten Republik Arzach – der armenische Name für Bergkarabach – kündigte an, bis zum 1. Januar 2024 alle staatlichen Institutionen aufzulösen.
Zahlreiche Beobachter und Menschenrechtsorganisationen bezeichneten das Geschehen als „ethnischen Säuberung“.