Bei einer Tiersegnung der Zürcher Pfarrei Guthirt im Bistum Chur sollen am 4. Oktober konsekrierte Hostien an Hunde verfüttert worden sein. Ein solcher Vorgang gilt als gravierendes Sakrileg. Pfarrer Marcel von Holzen hat den Vorfall bestätigt.
Die Tiersegnung war ursprünglich als Wortgottesfeier im Freien geplant, wurde jedoch wegen schlechten Wetters kurzfristig in eine Eucharistiefeier mit Kommunionspendung umgewandelt.
Pfarrer von Holzen begründete diese Entscheidung damit, „den regelmässigen Messbesuchern entgegenzukommen“. Nach dem Gottesdienst hätten einzelne Mitfeiernde Partikel der konsekrierten Hostie an Hunde weitergegeben, ohne sich der besonderen Bedeutung bewusst zu sein.
In einer E-Mail an „swiss-cath.ch“ schrieb der Pfarrer, der bis vor ein paar Jahren Dekan von Zürich-Stadt war: „Dieser Vorfall ereignete sich ganz gegen unsere Absicht; dass es Mitfeiernde gibt, die die Eucharistie nicht richtig verstehen, haben wir in diesem Moment nicht bedacht. Zudem gaben die betreffenden Personen erst nach dem Kommunionempfang Partikel weiter, so dass wir diesen Vorgang erst nach dem Geschehen feststellen konnten.“
Das katholische Portal „swiss-cath.ch“ widersprach dieser Darstellung und behauptete unter Berufung auf eigene Quellen, der Ablauf sei anders gewesen als vom Pfarrer geschildert. Auch dessen Hinweis, man erachte „als richtigen und gut-kirchlichen Weg die Klärung mit dem Generalvikariat“, gehe in die falsche Richtung.
Der Generalvikar ist der Stellvertreter des Bischofs für eine bestimmte Region – in Zürich und Glarus ist dies Luis Varandas. Eine entsprechende Anfrage von „swiss-cath.ch“ sei jedoch unbeantwortet geblieben. Auch CNA Deutsch wartet noch auf eine offizielle Antwort des Bistums.
Besonders kritisch wertete das Portal die Aussage des Pfarrers: „Kein Verständnis haben wir für Leute und Gruppierungen, die mit diesem Vorfall ‚Hausieren gehen‘.“ Transparenz und Klärung müssten, so die Kritik, auch dem Pfarrer ein Anliegen sein. Die Reaktion erinnere „fatal an die historische Erfahrung in autokratischen Regimen: ‚Der Überbringer einer schlechten Nachricht ist der Bösewicht und muss bestraft werden.‘“
Daher forderte „swiss-cath.ch“ ein Einschreiten von dem Churer Bischof Bonnemain. Er müsse insbesondere klären, welches Verhalten die bei der Feier mitwirkende Seelsorgerin Petra Mühlhäuser gezeigt habe. Mühlhäuser arbeitet als Seelsorgerin in der Pfarrei Guthirt.
Die Auseinandersetzung mit liturgischen Themen ist für von Holzer derweil nicht neu. In einem Interview mit kath.ch aus dem Jahr 2023 übte er scharfe Kritik am Liturgie-Schreiben der Bischöfe von Basel, Chur und St. Gallen. Er habe früher abgelehnt, dass Laien Teile des Hochgebets sprechen, sehe dies heute aber anders, erklärte von Holzen.
Nach den priesterlichen Teilen wie Epiklese (Anrufung des Heiligen Geistes zur Wandlung von Brot und Wein), Einsetzungsbericht (Worte Jesu beim letzten Abendmahl) und Anamnese (Gedächtnisgebet) sollten pastorale Mitarbeitende mit bischöflicher Missio (kirchlicher Sendungsauftrag) an Feiertagen die Gebete für Kirche, Lebende und Verstorbene sprechen dürfen.
Das Gerangel „Wer darf was am Altar?” sei einer Heiligen Messe „unwürdig“, so von Holzen. Der Schatz der Eucharistie hänge „nicht vom Runterlesen der Liturgie ab, sondern von unseren Herzen“.
Mit dem Vorfall in der Pfarrei Guthirt ist der Kern des katholischen Glaubens berührt, nämlich die Lehre von der Realpräsenz. Demzufolge ist Christus nach der Wandlung in den Gestalten von Brot und Wein tatsächlich gegenwärtig. Dieser Prozess wird als Transsubstantiation bezeichnet. Nach katholischer Lehre ist die konsekrierte Hostie nach der Wandlung nicht mehr Brot, sondern der Leib Christi.
Das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnete die Eucharistie im Dokument Lumen gentium als „Quelle“ und „Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“.
Missbrauch einer konsekrierten Hostie gilt als Sakrileg – als Verletzung dessen, was der Kirche heilig ist. Der Codex Iuris Canonici (CIC) (can. 1382) regelt die Konsequenzen eindeutig: „Wer die eucharistischen Gestalten wegwirft oder in sakrilegischer Absicht entwendet oder zurückbehält, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu; ein Kleriker kann außerdem mit einer weiteren Strafe belegt werden, die Entlassung aus dem Klerikerstand nicht ausgenommen.“
Die Exkommunikation, also der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, tritt in solchen Fällen automatisch ein und kann nur vom Papst beziehungsweise vom Dikasterium für die Glaubenslehre aufgehoben werden.
