Bischof Georg Bätzing hat beim Eröffnungsgottesdienst zur Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischöfe vor „Unglückspropheten“ und einer „Abwehrhaltung“ gewarnt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) predigte am Montagabend im Dom zu Fulda.
Die Bedeutung der Kirche „als Sakrament und Instrument des Heils“, wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert worden sei, „muss nicht exklusiv verstanden werden, wie es über Jahrhunderte geschah (‚extra ecclesiam nulla salus‘)“, zeigte sich Bätzing überzeugt. Man müsse „das traditionelle Verständnis“ auch nicht verwerfen, „aber interpretiert und relativiert kann es zu einer universellen Heilshoffnung weiterentwickelt werden, die auch in anderen Religionen Heiliges, Wahres und Gutes erkennt“.
Die Konzilserklärung „Nostra aetate“ über das Verhältnis der Kirche zu den anderen Religionen sei „geradezu beispielhaft geworden für die Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre. Ökumenismus, Dialog mit den Religionen, Akzeptanz der Religions- und Gewissensfreiheit mit entsprechenden Konsequenzen wurden durch diese Einsicht möglich.“
„Gott nimmt auch andere in seinen Dienst“, so das Fazit des DBK-Vorsitzenden. Als „praktische Konsequenzen“ brauche es etwa „eine deutliche Zurückweisung jener merkwürdigen neointegralistischen Versuche, die in rechtskonservativen Kreisen an den Rändern der Kirche ersponnen werden – vermutlich aus purem Unwillen oder Unfähigkeit heraus, sich mit den gesellschaftlichen Entwicklungen einer säkularen Welt und weltanschaulich neutralen Staaten in einen konstruktiven Dialog zu begeben.“
„Solche Gläubige machen sich mitunter zu Handlangern derer, die den antidemokratischen Umbau ganzer Staaten im Sinn haben und das Weltgefüge einseitig politisch, wirtschaftlich und ideologisch verändern wollen“, urteilte Bätzing.
Mit Blick auf die Kirche sagte er: „Immer noch sind wir […] vom ‚Nicht mehr‘ einer vergangenen Kirchengestalt gefangen, wir trauern den Abbrüchen nach, und nicht wenige ersehnen die Restauration.“ Anstatt zu sagen, wie viele Menschen im Land „noch“ katholisch seien, müsse man „von unten hinaufrechnen: Jede Christin, jeder Christ – so vielfältig sie sich auch darstellen – ist ein Wunder der Gnade Gottes.“
„Statt ständig zu fragen, was alles ‚nicht mehr‘ geht und funktioniert, könnten wir beherzt nach dem suchen, was wir in unserem Einsatz für die Menschen und als Beitrag für unsere Gesellschaft ‚noch nicht‘ beherzt genug aus den Quellen unseres Glaubens beitragen“, so der DBK-Vorsitzende. „Und da wir es nicht allein schaffen können und müssen – wie es in den vergangenen Zeiten christentümlicher Milieus erdacht wurde, suchen wir doch nach guten Nachbarn, nach Menschen guten Willens, die uns einladen, mit ihnen zusammenzuwirken.“
„Viel zu oft lassen wir uns noch von den Unglückspropheten und ihrer Sicht auf die Welt anstecken und in starre Abwehrhaltung versetzen“, beklagte Bätzing. „Ich möchte auf die Suche nach Kooperationen der Hoffnung gehen, mit denen wir die Saat des Reiches Gottes gemeinsam ausbringen – vor allem in den großen Herausforderungen Krieg, Migration, Klimanotstand und Künstliche Intelligenz, die Papst Leo XIV. für unsere Zeit identifiziert hat. Womöglich wohnen solche Nachbarn näher als wir denken. Gott nimmt auch andere in den Dienst.“
