Der heilige Bruno und sein Orden der Kartäuser

Der heilige Bruno und sein Orden der Kartäuser

Als der heilige Bruno am 6. Oktober 1101 im Ruf der Heiligkeit starb, sagte man über ihn: „Er verachtete alles und hielt sich arm an Christus. Denn er zog es vor, arm für Christus zu leben als reich für die Welt.“

Bruno wollte keinen Orden gründen, vielmehr in tiefster Einsamkeit mit wenigen Gefährten Gott suchen. Bis heute leben die Kartäuser einen einzigartigen, einsamen, eremitenhaften Lebensstil. Nur wenige Zeiten in Gemeinschaft unterbrechen ihre tiefe Stille, in der sie allein in der Gegenwart Gottes leben.

Das Leben der Kartäuser, Mönche und Nonnen, dreht sich zuerst um Gott. Fernab von der Veränderlichkeit der Moden und Zeiten in Welt und Kirche entfaltet sich seit über 900 Jahren ihr Leben in der Einheit und fruchtbaren Kraft von Einsamkeit, Stille und Gebet.

Was die Kartäuser auch noch 900 Jahre nach dem heiligen Bruno mitbringen, ist ihre Beständigkeit in der Liebe Gottes, die trotz aller Verwundungen in der Geschichte nie abgelenkt, nie verführt und nie gemindert auf die Menschen übergeht. Die kartusianische Nüchternheit ist die Schule ihrer Spiritualität. Sie inspiriert die Kartäuser und hilft dabei, durch Entsagung und Stille direkt zu Gott zu gelangen. Diese Beständigkeit der Liebe Gottes wirkt sich auf die Menschen aus.

Sicher klingt das idealisierend. Es zeigt jedoch das hohe Niveau, das im Kartäuserorden durch die Jahrhunderte gehalten werden konnte. Heute folgt der Orden doch treu den Reformen und Neuerungen der Kirche – v. a. unter Berufung auf die kirchliche Communio, d. h. auf das Mitgehen mit der ganzen Gemeinschaft der Kirche. Im Hinblick auf den Gehorsam sollte man dies durchaus kritisch sehen, denn der kirchliche Gehorsam darf nicht irgendwelchen Moden oder persönlichen Vorlieben der Oberen folgen, sondern muss sich klar am Willen Gottes selbst ausrichten, der freilich auch durch die Vorgesetzten sich zeigen will. Entsprechend muss auch der Satz „Cartusia numquam reformata, quia numquam deformata est – Die Kartause wurde nie reformiert, weil sie nie deformiert war“ als relativ betrachtet werden.

„Gott hat Bruno, einen Mann von herausragender Heiligkeit, auserwählt, um dem kontemplativen Leben den Glanz seiner ursprünglichen Reinheit zurückzugeben“ (Papst Pius XI. in der Konstitution Umbratilem aus dem Jahre 1924).

Die Kartäuser sind nicht für die Seelsorge da. Ihr Apostolat geschieht im Verborgenen. Nur in der lebendigen Kraft ihrer Kontemplation strahlen durch sie die Gaben Gottes in die Kirche, ja in die Welt hinein.

Das Erbe der Kartäuser ist wegen der tiefen Wahrheit, die in ihren Schriften vermittelt wird, sowie wegen der Armut, Demut und Einfachheit, die ihr Leben erfüllen, „ins Herz geschriebene Wissenschaft“. Der Mönch Hugo von Balma notierte im 13. Jahrhundert: „Gott kann nur in einem demütigen, einfachen, reinen und friedvollen Herzen wohnen, er kann nur in einem entsagenden und völlig befreiten Herzen wirken, das sich ganz Gott opfert, sich ganz hingibt, sich ganz aufgibt und nichts für sich behält.“

Der heilige Bruno schrieb keine Regel. Allein durch sein Beispiel wurde er zum Vorbild für alle, die ihm folgten und die Berufung zur Suche nach Gott in der Einsamkeit annahmen. Diese Einsamkeit lässt sich jedoch nicht improvisieren. Sie erfordert eine besondere architektonische Organisation und eine präzise Zeiteinteilung. Darauf ist das Kloster, die Kartause, wo die Kartäuser leben, ausgerichtet, und so wird dieses Leben der Einheit gefördert.

Die Klausur der Kartause hindert den Mönch nicht daran, einen Ort zu verlassen, den er sicher nicht in einem Moment der Verzweiflung betreten hat, wie manchmal kolportiert wird.

Klostermauern und Klostergitter verwehren lediglich der Neugier der Welt den Zutritt. Die Kartäuser-Berufung ist keine Absage an die Welt. Sie ist ein Ruf der Bejahung, ein Ruf zum unvermittelten Zwiegespräch mit Gott. Dieser Ruf kann nur in vollkommener Einsamkeit, Stille, Ruhe und Armut gedeihen, die für die Verfügbarkeit unerlässlich sind. Buße ist ein Mittel und kein Zweck. Die Kartäuser führen so die Spiritualität der Einheit fort, die die Einsiedler der Wüste in den frühen Tagen des Christentums in Diskretion und Stille, in einem verborgenen Dasein geführt hatten.

Der heilige Bruno starb am 1101 in dem zweiten Kloster, das er in Kalabrien gegründet hatte. Einer seiner Nachfolger ließ ihn vor einigen Jahrzehnten sprechen und uns allen zurufen: „Der Herr hat alle Sterblichen im Licht geschaffen, um ihnen für ihre Verdienste die höchsten Freuden des Himmels anzubieten. Glücklich, wer seine Seele auf die Gipfel hin ausrichtet, ohne zu wanken, und wer sich vor allem Bösen in acht nimmt! Aber glücklich auch, wer – einmal gefallen – seine Sünde bereut und wer seine Fehler oft beweint! Ach! Die Menschen leben, als folgte nicht dem Leben der Tod, als wäre die Hölle nur eine kurzweilige Geschichte. Zeigt uns nicht die Erfahrung, dass alles Leben sich im Tode auflöst? Und bestätigt nicht die Hl. Schrift die Qualen der Hölle? Unglücklich, ja, wahnsinnig, wer dahinlebt, ohne diese Pein zu fürchten! Einmal tot, wird er die Höllenglut spüren. Ihr Sterblichen alle, lebt so, dass ihr die höllischen Sümpfe nicht zu fürchten braucht!“ (Helly: Bruno von Köln. Der Vater der Kartäuser, Echter-Verlag 1992, S. 20)

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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