Christliches Hilfswerk fordert Gerechtigkeit für Armenier

Christliches Hilfswerk fordert Gerechtigkeit für Armenier

Nach der gewaltsamen Vertreibung von rund 120.000 Armeniern aus Bergkarabach im Herbst 2023 bleibt die Lage in der Kaukasusregion angespannt. Während die internationale Aufmerksamkeit nachgelassen hat, kämpfen Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen weiterhin für Gerechtigkeit und eine Rückkehr der Vertriebenen.

Einer von ihnen ist Pfarrer Peter Fuchs, Geschäftsführer von Christian Solidarity International (CSI) Deutschland. Im Gespräch mit CNA Deutsch erklärte Fuchs, warum echter Frieden nur durch Gerechtigkeit möglich ist, welche Rolle die Kirchen in diesem Prozess spielen – und weshalb die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Schweiz und Deutschland, jetzt handeln muss.

Sie definieren Frieden als „Ruhe in Ordnung“. Was bedeutet das konkret im Blick auf Bergkarabach – und welche Gerechtigkeit muss hergestellt werden, bevor echter Frieden möglich ist?

Die katholische Soziallehre betont, dass Frieden Ordnung, gerechte Ordnung, voraussetzt. Frieden ist ein Werk der Gerechtigkeit. Frieden wird eben nicht durch Gewalt erreicht, sondern durch Gerechtigkeitshandeln, Dialog und Versöhnung. Die Vertreibung der 120.000 Karabach-Armenier durch Aserbaidschan im Herbst 2023 ist ein Unrecht, das benannt und behoben werden muss, indem man diesen Menschen die sichere Rückkehr in ihre Heimat, in ihre Häuser, Wohnungen, uralten Kirchen ermöglicht. Nur so wird der ganzen Region eine friedliche und prosperierende Zukunft bevorstehen.

Die Schweizer Friedensinitiative fordert das Rückkehrrecht für rund 120.000 vertriebene Armenier. Welche konkreten Schritte sind nötig, damit eine sichere und kollektive Rückkehr Realität werden kann?

Die Schweizer Friedensinitiative macht ganz bewusst keine Vorgaben, wie die sichere und kollektive Rückkehr aussehen soll – das muss am Verhandlungstisch zwischen den Karabach-Armeniern und Aserbaidschan entschieden werden. Damit das Recht auf Rückkehr jedoch wirklich umgesetzt werden kann, muss die Gemeinschaft der Karabach-Armenier vor rassistischer und religiöser Verfolgung und sogar vor Völkermord geschützt werden, wie sie sie durch die aserbaidschanische Regierung erlebt hat. Dazu sind internationale Garantien und mit ziemlicher Sicherheit auch eine gewisse internationale Präsenz in Bergkarabach erforderlich. Die internationale Gemeinschaft – insbesondere die USA, Großbritannien und die EU – muss bereit sein, ihren Einfluss auf Aserbaidschan geltend zu machen, um sicherzustellen, dass eine solche Vereinbarung erzielt und später auch eingehalten wird.

Welche Rolle spielt das Christentum in Armenien – und sind die von Vertreibung betroffenen Menschen überwiegend Christen?

Das Christentum ist das Herzstück der nationalen Identität Armeniens. Sich als Armenier zu verstehen bedeutet, sich zumindest kulturell als Christ zu verstehen. Armenien war die erste Nation, die das Christentum als Staatsreligion annahm, das war im Jahr 301. Die Armenisch-Apostolische Kirche hielt die armenische Nation während langer Jahrhunderte am Leben, in denen es keinen armenischen Staat gab, und auch heute noch spielt sie eine entscheidende Rolle in der Gestaltung des Landes, eine Rolle, die in der armenischen Verfassung verankert ist. Heute ist die überwiegende Mehrheit der Armenier getauft und identifiziert sich als Gläubige der Armenisch-Apostolischen Kirche, die Teil der orthodoxen Kirchenfamilie ist. Zudem gibt es die armenisch-katholische Kirche in Gemeinschaft mit Rom und mehrere kleine protestantische Kirchen in Armenien.

Praktisch die gesamte armenische Bevölkerung von Bergkarabach bezeichnet sich als christlich. In Bergkarabach stehen einige der ältesten Kirchen und Klöster der Welt. Ein geistlicher Aufschwung Ende der 1980er Jahre führte zur Forderung nach Wiedereröffnung der von den Kommunisten geschlossenen Kirchen und schließlich zur Unabhängigkeitsbewegung von Bergkarabach.

Welche Rolle sehen Sie für die Kirchen und die internationale Zivilgesellschaft, um diesen Friedensprozess zu unterstützen – und was erwarten Sie dabei konkret von der Schweiz und von Deutschland?

Damit die Schweizer Friedensinitiative für Bergkarabach Realität werden kann, müssen Deutschland, die Schweiz, die Vereinigten Staaten und andere Staaten guten Willen und politisches Kapital aufwenden. Die Kirchen und die internationale Zivilgesellschaft können eine entscheidende Rolle dabei spielen, öffentliche Unterstützung und Aufmerksamkeit für diese Initiative zu generieren, damit die westlichen Regierungen sich zum Handeln aufgefordert fühlen.

Wir hoffen, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Unterstützung für die Schweizer Friedensinitiative öffentlich zum Ausdruck bringt und sich verpflichtet, die für ihre Umsetzung erforderlichen diplomatischen Bemühungen einleitet. Wir erwarten insbesondere, dass die Schweizer Regierung den Auftrag des eidgenössischen Parlaments zur Durchführung dieses Friedensforums umsetzt; eine übervorsichtige Rücksichtnahme auf das Regime von Ilham Alijew wäre das völlig falsche Signal.

Posted in

Werden Sie Teil der EWTN-Familie. Abonnieren Sie unseren Newsletter!

*Ich möchte zukünftig den wöchentlichen Newsletter von EWTN.TV mit Impulsen, Programmtips und Informationen rund um Ihren katholischen Fernsehsender per E-Mail empfangen. Diese Einwilligung kann am Ende jedes Newsletters widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.